Gastgeschichten - Limoncello auf Westfälisch
- Gastautor Werner S.
- 24. Dez. 2021
- 3 Min. Lesezeit
Limoncello,
alkoholischer Auszug aus Zitronenschale versetzt mit wässriger Zuckerlösung:
10 Zitronen, 1 Liter 95% Alkohol, 600g Zucker, 1 Liter Wasser, 7 Tage
Mal sehen...

Willkommen auf Crapa im Paradies der Zitronen.
Die Luft wirkt trotz blauem Himmel und behaglich warmem Sonnenschein herrlich zitronengelb. Prosecco unter fruchtüberladenen Zitronenbäumen, ein Traum.
Die Ernte läuft. Für uns Westfalen unfassbare Mengen prachtvoller und biologischer Zitronen füllen die Kisten.
Mit Blick auf die Verarbeitung da rechtzeitig aufzuhören ist Herausforderung.
Wir trennen in der großen Landgut-Küche die äußerste und hauchdünne Schale vom Kern der Zitrone, pressen die Schnipsel der gefühlt 50 Zitronen eng in das aquariumgroße Glas, an dieser Stelle ein großer Dank an Lucia und Costa für Organisation von Glas und Alkohol, und füllen die noch vorhandenen Zwischenräume mit reinem Alkohol.
So können sich nun 5 Liter alkoholisierter Zitronenhaut, na ja ist doch ein kleineres Goldfischglas, in Kürze auf die Reise in den Norden begeben. Vorher gilt es aber die Berge an Resten zu verarbeiten, dabei entsteht im Team und mit guter Laune viel Zitronensaft und Zitronenmarmelade.
Doch das und die durch unglaubliche Zitronenaromen gesättigte, berauschende Luft ist eine andere Geschichte.
Abschied, das Auto zusätzlich beladen mit kostbarem Limoncello-Grundstoff, kistenweise Biozitronen, Reiseproviant und auch Wehmut.

Hinter Rom in einer Art von Niemandsland bergan und neben einem LKW ein Geräusch wie Ochsenschnaufen. Motorischer Leistungsverlust, was ist das?
Leider erweist sich alles als reproduzierbar und wir müssen einen Parkplatz ansteuern.
Orte liegt in der Gegend und bis der über den verschnarchten "Beamten-ADAC" organisierte Abschleppdienst nach Stunden in Gestalt eines abenteuerlich klapperigen Abschleppwagens erscheint, beginnt es auch noch zu regnen.
Wir haben es geahnt, diese Abreise war ein großer Fehler!
Die Versuche des Abschleppfahrers durch hemmungslose Motortestläufe unseren Wagen zu schrotten, die Abschlepp-Orgie mit Absetzen von uns Dreien bei einer kleinen Autovermietung im Nirgendwo und das trotz Carlos unerschrockenem telefonischem Dolmetschereinsatzes unerreichbare Verschwinden von Abschleppeinheit inklusive defektem Auto kurz vor Ostern ist eine weitere andere Geschichte.
Nun, wir reisen, nervenaufgerieben, mit dem Mietwagen Richtung Deutschland, entdecken für die Nacht ein Landhotel mit toskanischem Dornröschen-Charme und versuchen den Rücktransport unseres weder „auto“ noch „mobilen“ Automobils zu organisieren.
Man bedenke Reisegepäck, Tomaten, Karotten, kistenweise wirklich schöne Bio-Zitronen und das Limoncello-Aquarium im Innern des abhanden gekommenen "Mobils" unter Italiens Sonne und erhält eine neue Variante des Begriffs Stress.
Am Ende vergehen 5 Wochen bis der Rücktransport in der Vertragswerkstatt eintrifft. 5 Wochen schimmeliger Alpträume grünlicher Fahrzeuginnenräume.
Und selbstverständlich haben wir die Werkstatt vorgewarnt üble Gase und wer weiß was beim Öffnen des Autos vorzufinden.
Das Reisegepäck komplett, gut.
Der Reiseproviant in Plastikbehältern undefiniert verschimmelt, mithin unproblematisch. Die Bio-Zitronen in gutem Zustand, hatten wir doch an jeder von ihnen ein Stückchen Stiel gelassen, schon richtig gut.
Das Limoncello-Aquarium vorhanden und mit gut durchgereiftem Inhalt intakt, erstklassig. Rasch war der Limo-Alko-Inhalt separiert und nach wenigen Versuchen hatten wir unser Limoncello Rezept gefunden.
Je zwei Liter dieser konzentrierten Flüssigkeit wurden mit in einem Liter heißem Wasser aufgelöstem Zucker, nach Abkühlen, versetzt.
Dieser individuelle Limoncello, hochprozentig > 60%, samtig und ungeheuer aromatisch löste denn auch ein auf Crápa aufgeschnapptes Rätsel. Wieso wird Limoncello manchmal nach einiger Zeit durchsichtig?
Unser Limoncello war von vornherein klar. Die Alkoholkonzentration und weniger Zucker sind ausschlaggebend. Im anfangs beschriebenen Rezept braucht der verdünnte Alkohol halt nur länger um alle Zitronenessenzen aufzunehmen.
Aber Vorsicht, in diesem hochprozentigen Limoncello ist der Alkoholgehalt nicht zu schmecken, als Aperitif oder verdünnt mit Prosecco hat er viele Zungen gelöst.
Selbst die leeren Fläschchen bewahren ein unvergleichliches Aroma und folglich sind wir statt zu träumen auf Crápa zurück.
Eine Erinnerung von Werner S. aus Westfalen.
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